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Gryphius-Hoffmannswaldau-Vergleich (mp3)

Vergleich von Gryphius, "An eine Jungfrau" und Hoffmannswaldau, "Beschreibung vollkommener Schönheit"

Die unten angehängte mp3-Datei vergleicht in etwa 10 Minuten die beiden oben genannten Gedichte, in denen es um die Wirkung weiblicher Schönheit auf Männer geht.

Während in dem Gedicht von Gryphius am Ende die innere Stärke des Mannes siegt, geht die andere Variante am Ende unter, zwar nicht komplett, aber zumindest ist man nicht mehr ganz bei Verstand und auch seiner Freiheit beraubt.
Andreas Gryphius

An eine Jungfrau


01 Was ist Eur zarter Mund? Ein Köcher voller Pfeile,
02 Dadurch manch weiches Hertz wird bis in Tod verletzt.
03 Der hellen Augen Glanz ist Flammen gleich geschätzt,
04 An welchem jeder sich verbrennt in kurzer Weile.
 
05 Die wunderschönen Haar sind lauter Liebes-Seile.
06 Wer durch der Stirnen Glanz nicht wird in Euch verhetzt,
07 Wer sich den Lilien des Halses widersetzt,
08 Muss doch gewärtig sein, dass ihn der Blitz ereile,
 
09 Der von der bloßen Brust herstrahlt so unverdeckt.
10 So sprecht Ihr, und ist wahr, wer voll von Zunder steckt,
11 In dem kann auch ein Funk leicht großes Feu’r erregen.
 
12 Wer aber bei sich selbst, dies was Ihr so hoch acht’,
13 Die schöne Nichtigkeit, und was Ihr seid betracht’,
14 Den sollt Ihr, glaubt mir’s fest, zu keiner Brunst bewegen.


Christian Hofmann von Hofmannswaldau          

Beschreibung vollkommener Schönheit


01 Ein Haar, so kühnlich Totz der Berenike spricht,
02 Ein Mund, der Rosen führt und Perlen in sich heget,
03 Ein Zünglein, so ein Gift für tausend Herzen träget,
04 Zwo Brüste, wo Rubin durch Alabaster bricht,
 
05 Ein Hals, der Schwanen-Schnee weit, weit zurücke sticht,
06 Zwei Wangen,  wo die Pracht der Flora sich beweget,
07 Ein Blick, der Blitze führt und Männer niederleget,
08 Zwei Armen, deren Kraft oft Leuen hingericht,
 
09 Ein Herz, aus welchem nichts als mein Verderben quillet,
10 Ein Wort, so himmlisch ist und mich verdammen kann,
11 Zwei Hände, deren Grimm mich in den Bann getan
 
12 Und durch ein süßes Gift die Seele selbst umhüllet,
13 Ein Zierrat,  wie es scheint,  im Paradies gemacht,
14 Hat mich um meinen Witz und meine Freiheit bracht.

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