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Beispiel für eine mündliche Prüfung zum Thema "Von der Klassik über die Romantik und den Vormärz bis zum Realismus" - live - mit Auswertung

Wir präsentieren den Ablauf hier erst mal als Fließtext, weiter unten gibt es eine PDF-Fassung zum Herunterladen.

Liveticker-Demo Literaturgeschichte:
Von Goethe über Büchner und Heine bis Effi Briest

Im Folgenden zeigen wir an einem Beispiel, wie ein Prüfungsgespräch im mündlichen Abitur im Fach Deutsch aussehen kann.

Zu dem folgenden Demo-Gespräch:

Wir haben hier nicht versucht, reine Mündlichkeit zu präsentieren - mit all ihren Pausen, Versprechern, kleinen Nachfragen.

Uns ging es darum, die großen Linien eines solchen Gesprächs aufzuzeigen - und vor allem die Stellen zu markieren, auf die es ankommt.

Von daher sind die Minutenangaben auch nur grobe Schätzungen.

Wer mehr Knowhow zum Thema „Mündliches Abitur im Fach Deutsch haben möchte: Wir empfehlen ein E-Book, das man für wenig Geld bekommen kann.    




Minute 0-2: Phase 1: Einstieg in das Prüfungsgespräch (mit Warmlaufphase)

1.    Überleitung: Im ersten Prüfungsteil ging es ja um ein Gedicht aus der Zeit der Klassik und damit um eine bestimmte Literaturepoche. Beschreiben Sie doch einfach mal ganz allgemein, was eine Literaturepoche überhaupt ist
a.    Schüler:
Wie der Begriff es schon sagt, es ist eine „Epoche der Literatur“
b.    Unter einer Epoche versteht man wiederum einen Zeitraum, der durch gemeinsame Merkmale gekennzeichnet ist.
c.    Wie wir ja eben an dem Gedicht aus der Zeit der Klassik gesehen haben.
d.    Wir kennen das heute vor allem aus der Mode.
2.    Lehrer wieso?
a.    Schüler: die wechselt immer wieder, weil die alte langweilig geworden ist, auch nicht zur Zeit passt – das gilt auch für die Literatur

Minute 2-4: Phase 2: Epochenwechsel am Beispiel Goethes
3.    Nun ist Goethe ja schon 1749 geboren – und die Klassik beginnt ja erst in den 1780er Jahren. Was hat er denn vorher gemacht und was zeigt das für literarische Epochen?
a.    Schüler:
Goethe wurde in seiner Jugend durch den Sturm und Drang geprägt – berühmt sind ja seine Erlebnisgedichte, wie wir am Beispiel „Willkommen und Abschied“ gesehen haben.
b.    Um nun auf die eigentliche Frage zurückzukommen: Je länger ein Dichter lebt, desto größer sind seine Chancen, auch einen oder gar mehrere Epochenwechsel zu erleben.
4.    Lehrer: Mehrere Epochenwechsel? Wie sah das denn bei Goethe aus? Sturm und Drang und Klassik wäre ja gerade mal ein Wechsel.
a.    Schüler denkt kurz nach – und dann weiß er, worauf der Lehrer raus will:
b.    Kurz vor 1800 gab es dann ja erste Anzeichen der Romantik – von der hat Goethe sich aber ferngehalten. Sie passte mit ihrer Formlosigkeit überhaupt nicht zu seinem klassischen Ideal, das er während seiner Italienreise ausgearbeitet hatte.

Minute 4-7: Phase 3: Ausblick auf die Zeit unmittelbar nach Goethe: „Dantons Tod“
5.    Lehrer will langsam weiterkommen:
Was kam denn eigentlich nach Goethe?
a.    Schüler: Goethe ist ja 1832 gestorben . und mit ihm ist dann auch endgültig die Epoche der Weimarer Klassik zu Ende gegangen – Faust II kam ja kurz nach seinem Tode raus.
b.    Wir haben ja im Unterricht Büchners Drama „Dantons Tod“ besprochen – das ist ja ein paar Jahre nach Goethes Tod entstanden und hätte Goethe bestimmt auch nicht gefallen.
6.    Lehrer: Warum das denn nicht?
a.    Schüler: Büchner gehört bereits zum Vormärz, d.h. zu der Zeit vor der Märzrevolution 1848 in Deutschland – und er wendet sich engagiert der Politik zu.
b.    Vor allem aber ist Büchner kein Idealist mehr im Sinne Goethes: Er gestaltet keine Helden, die sich letztlich durchkämpfen – und auf den Wegen eines überirdischen Herrn bleiben.
c.    Danton ist ein negativer Held: Er war ja selbst an den Gräueltaten der Französischen Revolution beteiligt, wollte sie stoppen und gerät dann selbst unter die Räder.
d.    Büchner hat vom „grässlichen Fatalismus der Geschichte“ gesprochen. Das ist nun das direkte Gegenteil zum Idealismus der Klassik. Der Einzelne hat keine Chance, die Geschichte zu beeinflussen, denn die ist „determiniert“, also vorherbestimmt.
7.    Wie steht denn die Hauptfigur des Dramas selbst dazu?
a.    Schüler: Danton spricht mit seinen Freunden ja über die eigenen mörderischenb Taten, betrachtet sie aber als Notwehr – allerdings spricht er von einem „Ärgernis“, das kommen muss, „doch wehe dem“, durch den es kommt. Am Ende dann noch wichtige Frage: „Was ist das, was in uns lügt, hurt, stiehlt und mordet?“
b.    Und er bezeichnet die Menschen als „Puppen“, die „von unbekannten Gewalten am Draht gezogen“ werden.
c.    Hier sieht man den großen Unterschied zum Menschenbild von Goethes Faust.

Minute 8-10: Phase 4:  Übergang zu Heinrich Heine
8.    Dann verlassen wir jetzt mal Büchner und wenden uns Heinrich Heine zu: Wie steht der denn zur Revolution?
a.    Schüler: Heine war 1831 nach Frankreich emigriert, weil er mit den politischen Verhältnissen in Deutschland nicht zurechtkam. 1835 gehörte er zu denen, deren Werke verboten wurden. Ein paar Jahre vor der Revolution besuchte er seine Mutter in Hamburg und verarbeitete dann seine Eindrücke in dem Versepos: „Deutschland ein Wintermärchen“. Das Besondere ist die Verbindung von Kritik und Poesie.
9.    Lehrer: Wie sieht denn Heine die Rolle der Literatur im Kampf um eine Verbesserung der politischen Verhältnisse?
a.    Schüler:
Heine war immer dafür, dass Kunst eben Kunst bleibt und sich nicht einfach so in den Dienst einer politischen Sache stellt.
Das haben wir am Beispiel des Gedichtes „An einen politischen Dichter“ herausgearbeitet, in dem Heine recht drastisch aufzeigt, was passiert, wenn der Dichter eine Art „Schlachtgesang“ loslässt.
Die Leute lassen sich begeistern – aber das war es auch schon.

Minute 11-13: Phase 5: Ausblick auf den (poetischen) Realismus des 19. Jhdts.
10.    Lehrer: Was wurde denn aus diesem Vormärz?
a.    Schüler: Die Revolution von 1848 scheiterte ja dann, weil die Zeit in Deutschland noch nicht reif war für grundsätzliche Veränderungen und vor allem Preußen mit seiner Armee stark genug war, auch Aufstände niederzuwerfen.
In der Literatur begann der sog. „poetische Realismus“: Das erste Attribut meint die soziale Schicht, die diese Literatur vor allem produziert und gelesen hat.
b.    „Poetisch“ wird die Strömung deshalb genannt, weil man eben nicht die nackte Wirklichkeit zeigen will. Das kommt erst im späteren Naturalismus.
11.    Lehrer: Wir sind damals kurz auf Effi Briest eingegangen. Können Sie an dem Beispiel mal kurz aufzeigen, was das „Poetische“ an diesem Realismus ist?
a.    Schüler: Das Realistische ist, dass eine typische Ehe in den höheren Kreisen der damaligen Zeit gezeigt wird: Der Mann hat das Sagen – die Frau kann letztlich nicht eigenverantwortlich ihr Leben gestalten.
b.    Und das Poetische zeigt sich eben daran, dass nicht auf traurige Details eingegangen wird – das zeigt sich vor allem am Schluss – die vom Leben enttäuschte Steffi verzweifelt genauso wenig wie ihre Eltern – man hat den Eindruck, sie schläft ein – und kurz darauf betrachten die Eltern ihr Grab im Garten und gehen nur ganz kurz auf die Frage ein, ob sie nicht an Effis Schicksal auch schuld sind. Der Schmerz über den Verlust eines Menschen wird vor allem am Verhalten des Haushundes gezeigt.
12.    Lehrer: Gut, dann wollen wir mal alle möglichen Schmerzen hier auch beenden und die Prüfung beschließen.
Beispiele für geschicktes Verhalten von Prüflingen in mündlichen Prüfungen:

1.    Vom Begriff ausgehen:
„Wie der Begriff es schon sagt, es ist eine ‚Epoche der Literatur’“
„der sog. „poetische Realismus“: Das erste Attribut meint die soziale Schicht, die diese Literatur vor allem produziert und gelesen hat. / „Poetisch“ wird die Strömung deshalb genannt, weil man eben nicht die nackte Wirklichkeit zeigen will. Das kommt erst im späteren Naturalismus.

2.    Querbezüge herstellen: (sehr hohe Kunst)
„Wie wir ja eben an dem Gedicht aus der Zeit der Klassik gesehen haben.“
„kein Idealist mehr im Sinne Goethes: Er gestaltet keine Helden, die sich letztlich durchkämpfen – und auf den Wegen eines überirdischen Herrn bleiben.“

3.    Gegenwartsbezug/originelle Vergleiche aus dem Unterricht – beeindruckt die Prüfer – kann bis zu einem gewissen Mitsteuern des Prüfungsgesprächs gehen
„Wir kennen das heute vor allem aus der Mode.“
Lehrer wieso?
Schüler: die wechselt immer wieder, weil die alte langweilig geworden ist, auch nicht zur Zeit passt – das gilt auch für die Literatur

4.    Konkrete Beispiele nennen – evtl. auch Zitate aus längeren Werken
„Erlebnisgedichte, wie wir am Beispiel „Willkommen und Abschied“ gesehen haben.“
Dantons Tod: „’Ärgernis’, das kommen muss, „doch wehe dem“
„Und er bezeichnet die Menschen als ‚Puppen’, die ‚von unbekannten Gewalten am Draht gezogen’ werden.“
„Das haben wir am Beispiel des Gedichtes „An einen politischen Dichter“ herausgearbeitet, in dem Heine recht drastisch aufzeigt, was passiert, wenn der Dichter eine Art „Schlachtgesang“ loslässt.“

5.    a. Bezug zur Frage/Aufgabenstellung hervorheben
b. Dinge auf den Punkt bringen (kann man von guten Lehrern übernehmen ;-)
„Um nun auf die eigentliche Frage zurückzukommen: Je länger ein Dichter lebt, desto größer sind seine Chancen, auch einen oder gar mehrere Epochenwechsel zu erleben.“

6.    Bei entsprechenden Fragen ruhig mal Zeit zum Nachdenken nehmen
ggf. aber auch nachfragen
„Schüler denkt kurz nach – und dann weiß er, worauf der Lehrer raus will:“

7.    Erklärungen zum Hintergrund einbringen, wenn man sich auskennt
(Romantik) „von der hat Goethe sich aber ferngehalten. Sie passte mit ihrer Formlosigkeit überhaupt nicht zu seinem klassischen Ideal, das er während seiner Italienreise ausgearbeitet hatte.“
vgl. auch: „Goethe ist ja 1832 gestorben . und mit ihm ist dann auch endgültig die Epoche der Weimarer Klassik zu Ende gegangen – Faust II kam ja kurz nach seinem Tode raus.“
vgl. auch:
„kein Idealist mehr im Sinne Goethes: Er gestaltet keine Helden, die sich letztlich durchkämpfen – und auf den Wegen eines überirdischen Herrn bleiben.“

8.    Auch Dinge ansprechen, die dazugehören, aber weiter weg liegen
„Das kommt erst im späteren Naturalismus.“

9.    Umgang mit geschichtlichen Fakten: nur so genau wie unbedingt nötig, das Wichtige im Auge haben
„Schüler: Heine war 1831 nach Frankreich emigriert, weil er mit den politischen Verhältnissen in Deutschland nicht zurechtkam. 1835 gehörte er zu denen, deren Werke verboten wurden. Ein paar Jahre vor der Revolution besuchte er seine Mutter in Hamburg und verarbeitete dann seine Eindrücke in dem Versepos: „Deutschland ein Wintermärchen“.“
„aSchüler: Die Revolution von 1848 scheiterte ja dann, weil die Zeit in Deutschland noch nicht reif war für grundsätzliche Veränderungen und vor allem Preußen mit seiner Armee stark genug war, auch Aufstände niederzuwerfen.“

10.    Wo es geht, auch mal locker sein, unterhaltsam
Effi Briest: „Der Schmerz über den Verlust eines Menschen wird vor allem am Verhalten des Haushundes gezeigt.“
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