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Wohmann, "Verjährt"


Gabriele Wohmann, "Verjährt" - oder die Übertragung der Abfolge von Schuld und Verdrängung

Gezeigt wird, wie in dieser Geschichte von mehreren Paaren nacheinander die Abfolge von Schuld und Verdrängung durchexerziert wird.
Anmerkungen zu Gabriele Wohmann Kurzgeschichte "Verjährt"
  1. Die Geschichte wird aus der Perspektive einer Frau erzählt, die sich vorwiegend mit so genannten netten Nachbarn beschäftigt, die wie sie und ihr Mann Reinhard auch den Urlaub am Strand verbringen.
  2. Das Besondere an diesen Nachbarn ist, dass sie immer das gleiche tun und so versuchen, über ein schreckliches Ereignis hinwegzukommen Der Mann hat nämlich die eigene Tochter überfahren, wobei wohl auch wohl Alkohol im Spiel gewesen ist. Außerdem hat es bei ihm eine Geliebte gegeben, die Selbstmord begangen hat. Näheres darüber erfährt der Leser nicht.
  3. Stattdessen wird ausführlicher auf die Bedeutung eines Pudels eingegangen, den dieses Paar sich gewissermaßen zu seiner Entlastung hält.
  4. Das Besondere ist nun, dass die Ich-Erzählerin, die ständig alleine spricht, offensichtlich das Leben dieser Nachbarn für nachahmenswert hält. Denn auch in ihrer Beziehung gibt es das, was man gemeinhin Leichen im Keller nennt. Und in diesem Falle gibt es tatsächlich eine Leiche, nämlich ein Kind, dass sie selbst auch totgefahren hat.
  5. Später gibt es da noch andere Probleme mit ihrem Mann Reinhard. Denn der hat sich entgegen einem Versprechen nicht um ihren Vater kümmern wollen, der in einem Altersheim sterben musste.
  6. Außerdem hat die Ich-Erzählerin sich in eine eigene Liebschaft geflüchtet mit einem Gilbert, was zu einem Sohn geführt hat, der das gemeinsame Haus verlassen musste, woraufhin sie wohl auch zumindest kurzzeitig weggezogen ist.
  7. Auch hier besteht die Lösung aller Probleme darin, dass man möglichst nicht darüber redet. Der lange Monolog der Ich-Erzählerin wirkt wie ein kurzer Ausbruch aus diesem Schweigegefängnis. Auch sie wollen sich angesichts der Abgründe des Lebens an das Normale halten.

  8. Der Clou der Geschichte besteht eigentlich darin, dass diese Abfolge von Schuld, mehr oder weniger zu Tage tretender Hass und dann Verdrängung, die als Verjährung verstanden wird, sich dann auch noch auf ein drittes Pärchen, junge Leute, erstreckt.
  9. Von Ihnen heißt es lediglich lapidar, dass sie nun wiederum die Erzählerin und ihren Mann als vorbildlich empfinden und nachahmen wollen.

  10. Die Geschichte wirkt insgesamt sehr verwirrend, aber das ist wohl auch von der Autorin beabsichtigt. Sie will einfach zeigen, dass sich diese Menschen hier alle in wesentlichen Punkten ähnlich sind, was die oben erwähnte Abfolge von Schuld und Verdrängung angeht.


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