Neuer Text

vergleich-kafka-schlag-prozess


Kafka, "Der Schlag ans Hoftor" und "Der Prozess"

Es gibt hierzu auch auf Youtube ein Video,

das hier zu finden ist:

Videolink

https://youtu.be/LvsV9NYJa5I

Videodokumentation herunterladen

Übungsklausur zum Vergleich zwischen „Der Schlag ans Hoftor“ und „Der Prozess“


Aufgabenstellung:
1.    Analysieren Sie die Erzählung „Der Schlag ans Hoftor“ von Franz Kafka.
1.1.    Einleitung mit Angabe des Themas (erst am Schluss einfügen!)
1.2.    Vorstellung der Erzählschritte (möglichst gegliedert)
1.3.    Herausarbeitung der Intentionalität (Aussagen) des Textes
1.4.    Klärung der Unterstützung der Aussagen durch künstlerische Mittel (sprachliche, ggf. rhetorische)
1.5.    Klärung, inwieweit die Frage von Schuld und Sühne in diesem Text eine Rolle spielt.
2.    Vergleichen Sie diese Erzählung mit Kafkas Roman „Der Prozess“ im Hinblick auf die Frage von Schuld und Sühne.
2.1.    Aufnahme der Frage von Schuld und Sühne im Hinblick auf den Roman „Der Prozess“
2.2.    Vergleich der Ausgangssituationen
2.3.    Vergleich des Einbruchs einer anderen Wirklichkeit
2.4.    Vergleich des Umgangs damit
2.5.    Vergleich der Schuldfrage
2.6.    Vergleich der Arten von Sühne
3.    Nehmen Sie begründet Stellung zur Frage, inwieweit Kafkas Texte in der Lage sind, etwas über die Situation des Menschen in der Welt auszusagen.

Hinweise zur Lösung folgen!

Der Text der Erzählung - gegliedert in die Abfolge der Sätze

Kafka

Der Schlag ans Hoftor


  1. Es war im Sommer, ein heißer Tag.
  2. Ich kam auf dem Nachhauseweg mit meiner Schwester an einem Hoftor vorüber.
  3. Ich weiß nicht, schlug sie aus Mutwillen ans Tor oder aus Zerstreutheit oder drohte sie nur mit der Faust und schlug gar nicht.
  4. Hundert Schritte weiter an der nach links sich wendenden Landstraße begann das Dorf.
  5. Wir kannten es nicht, aber gleich nach dem ersten Haus kamen Leute hervor und winkten uns, freundschaftlich oder warnend, selbst erschrocken, gebückt vor Schrecken.
  6. Sie zeigten nach dem Hof, an dem wir vorübergekommen waren, und erinnerten uns an den Schlag ans Tor.
  7. Die Hofbesitzer werden uns verklagen, gleich werde die Untersuchung beginnen.
  8. Ich war sehr ruhig und beruhigte auch meine Schwester.
  9. Sie hatte den Schlag wahrscheinlich gar nicht getan, und hätte sie ihn getan, so wird deswegen nirgends auf der Welt ein Beweis geführt.
  10. Ich suchte das auch den Leuten um uns begreiflich zu machen, sie hörten mich an, enthielten sich aber eines Urteils.
  11. Später sagten sie, nicht nur meine Schwester, auch ich als Bruder werde angeklagt werden.
  12. Ich nickte lächelnd.
  13. Alle blickten wir zum Hofe zurück, wie man eine ferne Rauchwolke beobachtet und auf die Flamme wartet.
  14. Und wirklich, bald sahen wir Reiter ins weit offene Hoftor einreiten.
  15. Staub erhob sich, verhüllte alles, nur die Spitzen der hohen Lanzen blinkten.
  16. Und kaum war die Truppe im Hof verschwunden, schien sie gleich die Pferde gewendet zu haben und war auf dem Wege zu uns.
  17. Ich drängte meine Schwester fort, ich werde alles allein ins Reine bringen.
  18. Sie weigerte sich, mich allein zu lassen.
  19. Ich sagte, sie solle sich aber wenigstens umkleiden, um in einem besseren Kleid vor die Herren zu treten.
  20. Endlich folgte sie und machte sich auf den langen Weg nach Hause.
  21. Schon waren die Reiter bei uns, noch von den Pferden herab fragten sie nach meiner Schwester.
  22. Sie ist augenblicklich nicht hier, wurde ängstlich geantwortet, werde aber später kommen.
  23. Die Antwort wurde fast gleichgültig aufgenommen; wichtig schien vor allem, dass sie mich gefunden hatten.
  24. Es waren hauptsächlich zwei Herren, der Richter, ein junger, lebhafter Mann, und sein stiller Gehilfe, der Aßmann genannt wurde.
  25. Ich wurde aufgefordert in die Bauernstube einzutreten.
  26. Langsam, den Kopf wiegend, an den Hosenträgern rückend, setzte ich mich unter den scharfen Blicken der Herren in Gang.
  27. Noch glaubte ich fast, ein Wort werde genügen, um mich, den Städter, sogar noch unter Ehren, aus diesem Bauernvolk zu befreien.
  28. Aber als ich die Schwelle der Stube überschritten hatte, sagte der Richter, der vorgesprungen war und mich schon erwartete: »Dieser Mann tut mir leid.
  29. « Es war aber über allem Zweifel, dass er damit nicht meinen gegenwärtigen Zustand meinte, sondern das, was mit mir geschehen würde.
  30. Die Stube sah einer Gefängniszelle ähnlicher als einer Bauernstube.
  31. Große Steinfliesen, dunkel, ganz kahle Wand, irgendwo eingemauert ein eiserner Ring, in der Mitte etwas, das halb Pritsche, halb Operationstisch war.
  32. Könnte ich noch andere Luft schmecken als die des Gefängnisses?
  33. Das ist die große Frage oder vielmehr, sie wäre es, wenn ich noch Aussicht auf Entlassung hätte.


Noch mal die Aufgabenstellung - zum Verständnis der nachfolgenden Lösungshinweise

1.      Analysieren Sie die Erzählung „Der Schlag ans Hoftor“ von Franz Kafka.

1.1.  Einleitung mit Angabe des Themas (erst am Schluss einfügen!)

1.2.  Vorstellung der Erzählschritte (möglichst gegliedert)

1.3.  Herausarbeitung der Intentionalität (Aussagen) des Textes

1.4.  Klärung der Unterstützung der Aussagen durch künstlerische Mittel (sprachliche, ggf. rhetorische)

1.5.  Klärung, inwieweit die Frage von Schuld und Sühne in diesem Text eine Rolle spielt.

2.      Vergleichen Sie diese Erzählung mit Kafkas Roman „Der Prozess“ im Hinblick auf die Frage von Schuld und Sühne.

2.1.  Aufnahme der Frage von Schuld und Sühne im Hinblick auf den Roman „Der Prozess“

2.2.  Vergleich der Ausgangssituationen

2.3.  Vergleich des Einbruchs einer anderen Wirklichkeit

2.4.  Vergleich des Umgangs damit

2.5.  Vergleich der Schuldfrage

2.6.  Vergleich der Arten von Sühne

3.      Nehmen Sie begründet Stellung zur Frage, inwieweit Kafkas Texte in der Lage sind, etwas über die Situation des Menschen in der Welt auszusagen.


Kurz-Check der Aufgabenstellung mit ersten Lösungshinweisen

Kurz-Check der Aufgabenstellung mit ersten Lösungshinweisen

1.      Analysieren Sie die Erzählung „Der Schlag ans Hoftor“ von Franz Kafka.

1.1.  Einleitung mit Angabe des Themas (erst am Schluss einfügen!)
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um eine kurze Erzählung (Parabel) von Franz Kafka. In ihr geht es um die Frage, wie aus einem Nichts oder Fast-Nichts eine ungeheure Bedrohung mit Hoffnungslosigkeit entstehen kann.
---

1.2.  Vorstellung der Erzählschritte (möglichst gegliedert)
beim Lesen direkt am Text gemacht
---

1.3.  Herausarbeitung der Intentionalität (Aussagen) des Textes
Der Text zeigt den plötzlichen und unverständlichen Übergang aus der Normalität in eine Situation maximaler Gefährdung bis hin zur Hoffnungslosigkeit.
---

1.4.  Klärung der Unterstützung der Aussagen durch künstlerische Mittel (sprachliche, ggf. rhetorische)
aus einem Nichts oder Fast-Nichts eine ungeheure Bedrohung mit Hoffnungslosigkeit entstehen kann
- Von Anfang an Situation der Unsicherheit mit entsprechender Reihung (3)
- Steigerung (7/11)
- Vergleich der Erwartung des Außengewöhnlichen mit einer Rauchwolke und einer Flamme (13)
- „Spitzen der Lanzen“ als Symbol für Macht und ggf. auch Gericht und Strafe (vgl. das römische Rutenbündel)
- Signale der Absurdität (21-23)
- „an den Hosenträgern rückend“ als eine Art Übersprunghandlung
- rückblickende Korrektur einer falschen Erwartung (27)
- Körpersprache des Richters, die maximale Aggressivität ausdrückt (28)
- Kontrast zu dem angeblichen Mitgefühl (28)
- anschauliche Beschreibung der Kombination aus Gefängniszelle und Folterkammer (31)
- rhetorische Frage (32)
- für Kafka typische Selbstkorrektur (33)
---

1.5.  Klärung, inwieweit die Frage von Schuld und Sühne in diesem Text eine Rolle spielt.
- Es geht um eine Schuld, die real so gut wie gar nicht existiert
- und die ins Gigantische gesteigert
- und außerdem auch noch auf einen anderen übertragen wird.
- Die Sühne wird am Ende nur angedeutet, enthält aber schon Züge des Horrors.

@@@@@@@

2.      Vergleichen Sie diese Erzählung mit Kafkas Roman „Der Prozess“ im Hinblick auf die Frage von Schuld und Sühne.
---

2.1.  Aufnahme der Frage von Schuld und Sühne im Hinblick auf den Roman „Der Prozess“
- Auch im Roman „Der Prozess“ offensichtlich kein Anlass für das Eingreifen irgendeiner Obrigkeit
- am Anfang ist von Verleumdung die Rede.
- Auch im gesamten Prozess geht es nicht um die Klärung einer Angelegenheit,
- sondern nur um die absurde Struktur dieser Gerichtsbarkeit
- sowie ihre Folgen für den Angeklagten.
---

2.2.  Vergleich der Ausgangssituationen
- Zumindest der Ansatz einer möglicherweise problematischen Aktivität in der Erzählung
- auf jeden Fall der klare Hinweis, dass „deswegen nirgends auf der Welt ein Beweis geführt“ wird (9)
- dann die zunehmende Steigerung von Verfolgung
- im Roman dagegen Einstieg mit Übergriffen aus dem Gerichtsbereich
- dann scheinbares Verschwinden des Gerichts
- am Ende dann das, was in der Erzählung nur angedeutet wird, aber in der Zukunft bleibt:  auch körperliche Vernichtung eines Menschen, dem man schon vorher psychisch und sozial viel genommen hat.
---

2.3.  Vergleich des Einbruchs einer anderen Wirklichkeit
- in der Erzählung zunächst nur Andeutungen und ängstliche Reaktionen anderer
- dann das Auftauchen einer mittelalterlich anmutenden Verfolgertruppe
- im Roman maximaler Kontrast zwischen der normalen Gewohnheitsrealität und einer anderen, die ihre eigenen Gesetze hat.
---

2.4.  Vergleich des Umgangs damit
- In der Erzählung bleibt der Ich-Erzähler lange selbstbewusst,
- als er erkennen muss, dass doch eine reale Gefahr droht, will er zumindest die Schwester schützen
- am Ende dann noch einmal ein Aufbäumen des Selbstbewusstseins,
- das dann plötzlich zusammenbricht.
---
- Im Roman Irritation, aber auch Selbstbewusstsein, vor allem in der ersten Sitzung
- dann zunehmendes Zerbrechen der gewohnten Normalität
- und ein Sich-Einstellen  auf die Gerichtswirklichkeit,
- ohne die jemals einem prüfenden Härtetest ausgesetzt zu haben.
- am Ende dann eine seltsame Kombination aus Lebenswillen und Anerkennung des Gerichts und seines Urteils.
 ---

2.5.  Vergleich der Schuldfrage
- In der Erzählung praktisch Schuldlosigkeit, vor allem des Ich-Erzählers selbst
- Im Roman bleibt das letztlich offen, am Anfang ist von Verleumdung die Rede
- Am Ende dann erkennt K. es als seine Pflicht an, sich selbst zu töten
- Dass er hier versagt hat, sieht er als Fehler
- Schiebt die Schuld dafür aber letztlich auch einer/der Instanz zu, die sich hier als so mächtig erweist.
---

2.6.  Vergleich der Arten von Sühne
- In der Erzählung ein dem Ich-Erzähler und auch dem Leser unverständlicher Übergriff der Machthaber
- Interessanterweise sehen das die Dorfbewohner anders, aber vielleicht mehr aus Gewohnheit.
- Im Roman hat man den Eindruck, dass dieser K. hier äußerlich etwas erlebt, was entweder schon versteckt in ihm gewesen ist (vgl. Gregor Samsa in „Die Verwandlung“) oder was er als Begleiterscheinung seiner Existenz schließlich anerkennt und auf sich nimmt.

@@@@@@@

3.      Nehmen Sie begründet Stellung zur Frage, inwieweit Kafkas Texte in der Lage sind, etwas über die Situation des Menschen in der Welt auszusagen.

  • Kafkas Texte kann man auf sehr unterschiedliche Art und Weise interpretieren.
  • Wenn man sich aber etwas genauer mit ihnen beschäftigt, merkt man, dass es fast ausschließlich Beispielgeschichten, also Parabeln sind, die jeweils in einem erzählten Bild einen besonderen Aspekt der Situation des Menschen in der Welt darstellen.
  • Nehmen wir zunächst noch einmal die Erzählung "Der Schlag ans Hoftor": Es sind durchaus Situationen vorstellbar, in denen Menschen durch irgendeine eigentlich harmlose Aktivität zunehmend in eine Art Ausnahmezustand bis hin zu Ausweglosigkeit und Verzweiflung am Ende geraten können.
  • Und auch die Situation des Bankbeamten K. können manche Menschen sich ganz gut vorstellen, die das Gefühl haben, um sie herum bricht die normale Wirklichkeit zusammen und sie müssen sich plötzlich mit etwas beschäftigen, was irgendwie unklar bleibt, aber belastet - bis hin zur Kapitulation und Annahme eines möglicherweise gar nicht nötigen Schicksals. Natürlich kann es aber auch so sein, dass ähnlich wie in der Erzählung "Die Verwandlung" diese Veränderung eigentlich nur etwas sichtbar macht, was vorher schon lange vorhanden gewesen ist und jetzt eben ausbricht.
  • Unabhängig von diesen besonderen Situationen zeigt Kafka in seinen Werken die Grundsituation des Menschen, der sich keines übergeordneten Sinnzusammenhangs mehr sicher sein kann, wie er in früheren Zeiten zum Beispiel durch die Religion oder etwas Ähnliches zur Verfügung gestellt worden ist.



Wer einen schnellen Überblick über weitere Angebote von uns bekommen möchte. Hier gibt es eine alphabetische Übersicht.
http://www.relevantia.de/register-der-websites
Schauen Sie auch nach auf:
www.schnell-durchblicken.de
www.endlich-durchblick.de

Share by: